Beiträge

Entscheidungen – Gesetze – Betrachtungen
Entscheidungen – Gesetze – Betrachtungen  (Foto: fotolia, Andrey Popov)

Alle Beiträge finden Sie auch nach Kategorien geordnet in der Seitenleiste …

… oder Sie klicken hier auf die gesuchte Kategorie:

Abfindung  Entgeld  Fristen  Rechte und Pflichten  Versicherungsschutz

Doppelte Abfindung

Die Abfindung nach § 1a KSchG und die Abfindung in einem Interessensausgleich schließen sich nicht gegenseitig aus.

In einem konkreten Fall wurde einem Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen gekündigt. Im dem Kündigungsschreiben hieß es, dass der Betriebsrat angehört worden sei – der Betriebsrat habe der Kündigung zugestimmt und mit der Geschäftsführung einen Interessensausgleich abgeschlossen, welcher die Nachteile aus der betrieblichen Kündigung ausglich. Zudem enthielt das Kündigungsschreiben eine mit „Hinweis“ betitelte Anmerkung, dass der Gekündigte nach § 1a KSchG Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung in Höhe eines halben Monatsverdienstes für jedes Beschäftigungsjahr habe, wenn er die Frist für eine Kündigungsschutzklage verstreichen ließe. Damit wiederholte die Arbeitgeberin sinngemäß die Regelungen aus § 1a KSchG.

Nachdem die Arbeitgeberin die Abfindung nach dem Sozialplan ausbezahlt hatte, forderte der Arbeitnehmer zusätzlich die Abfindung nach § 1a KSchG. Das LAG Berlin-Brandenburg gab dem Arbeitnehmer Recht. Der Abfindungsanspruch nach § 1a KSchG ist nicht durch die bereits erfolgte Zahlung der Abfindung aus dem Sozialplan erfüllt worden. Der gesetzliche Anspruch aus dem KSchG sei nicht disponsibel. Der vereinbarte Interessensausgleich  enthielt keine Anrechnungsklausel.

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.07.2015, AZ 8 Sa 531/15

Raucherpause

Meist wird die Raucherpause zusätzlich zur üblichen Pausenzeit genommen. Der Raucher verlässt seinen Arbeitsplatz für eine Zigarettenpause. Hierbei ist er nicht gesetzlich unfallversichert, so das Sozialgericht Karlsruhe im Falle einer Arbeiterin, die auf dem Weg zur Zigarettenpause von einem Gapelstapler erfasst worden war. Denn sie hatte 15 Minuten vor dem regulären Pausenbeginn ihren Arbeitsplatz verlassen.

Der Betriebsrat meldete der Berufsgenossenschaft, dass die Arbeitnehmerin sich auf dem Weg zur Zigarettenpause befunden habe. Die Arbeitnehmerin klagte, mit der Begründung, dass sie sich nicht auf dem Weg in eine Zigarettenpause befunden habe, sondern auf dem Weg zur Toilette. Erst in der regulären Pause wollte sie dann eine Zigarette rauchen. Jedoch konnte sie diese Darstellung nicht glaubhaft machen, insbesondere, da sie unmittelbar nach dem Unfall von einer Zigarettenpause gesprochen habe. Auch hatte sie die Zigaretten dabei. Die Richtung des zurückgelegten Weges zur Toilette und zum Raucher-Unterstellplatz wäre der gleiche gewesen. Jedoch ließ sich nach der Beweisaufnahme nicht gesichert annehmen, dass die Klägerin sich tatsächlich zunächst auf einem versicherten Weg (Unfallversicherungsschutz über das Arbeitsverhältnis) zur Toilette befand.

SG Karlsruhe, Urteil vom 27.10.2015

Aktenzeichen: S 4 U 1189/15

PM des SG Karlsruhe vom 27.10.2015

(Siehe auch: Zeiterfassung bei Raucherpausen, vgl. Urteil des LAG Nürnberg vom 05.08.2015, Aktenzeichen 2 Sa 132/15, mit Kommentierung des DGB Rechtsschutzes.)

Nachtzuschlag ohne Tarifvertrag

Auch ohne Tarifvertrag haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Lohnzuschlag für Nachtarbeit.

Konkretes Beispiel: Ein LKW-Fahrer im Paketdienst hat Anspruch auf 30% des Bruttolohns, wenn er dauerhaft nachts eingesetzt wird, so das Bundesarbeitsgericht (BAG).

Ein LKW-Fahrer im Paket-Transportdienst klagte gegen seine Arbeitgeberin – diese ist nicht an einen Tarif gebunden. Seine Arbeitszeit beginnt regelmäßig um 20 Uhr und endet um 06.00 Uhr, unter Einschluss von Pausenzeiten.

Die Arbeitgeberin bezahlte zunächst einen Nachtzuschlag von 11% für die Arbeitszeit zwischen 21.00 und 06.00 Uhr . Diesen Zuschlag hob sie später schrittweise bis auf 20% an.

Der Arbeitnehmer wollte gerichtlich feststellen lassen, dass er einen Anspruch gegen die Arbeitgeberin in Höhe von 30% des Stundenlohns habe oder alternativ einen Freizeitausgleich von 2 Arbeitstagen für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden.

Das BAG gab dem Kläger Recht. Ohne Tarifvertrag gilt kraft Gesetz ein angemessener Lohnzuschlag oder Freizeitausgleich für die Nachtarbeitsstunden.

Als Nachzeit gilt, nach § 2 Abs. 3 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) die Zeit zwischen 23.00 bis 06.00 Uhr (in Bäckereien und Konditoreien die Zeit zwischen 22.00 bis 05.00 Uhr). Den Status Nachtarbeitnehmer hat (nach § 2 Abs. 5 ArbZG), wer normalerweise in Wechselschicht oder an mindestens 48 Tagen im Jahr Nachtarbeit leistet.

Ein Zuschlag von 25% auf den Bruttostundenlohn ist angemessen, sagt das BAG. Nur wenn während der Nachtstunden eine deutlich geringere Arbeitsbelastung besteht (z.B. im Bereitschaftsdienst), kommt ein geringerer Ausgleich in Betracht.

Umgekehrt können besondere Belastungen zu einem Ausgleichsanspruch über 25% auf den Bruttostundenlohn berechtigen. (Nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen liegt eine erhöhte Belastung vor, wenn Dauernachtarbeit geleistet wird. So auch bei einem LKW-Fahrer, der sein Fahrzeug durchgängig steuert.) Hier erhöht sich der Anspruch regelmäßig auf einen Zuschlag von 30% bzw. die entsprechende Anzahl freier Tage.

Nicht relevant ist dabei die Höhe des gezahlten Stundenlohns. Das Argument, dass die Höhe des Stundenlohns erkennen lässt, hier sei schon ein Zuschlag enthalten, hat keine rechtliche Bedeutung.

BAG-Urteil vom 09.12.2015

Aktenzeichen 10 AZR 423/14

BAG-Pressemitteilung 63/15 vom 09.12.2015

Ausschlussfristen – Mindestlohn – Abgeltungsklausel

In vielen Arbeitsverträgen finden sich – einzelvertraglich oder ta­rifvertraglich vereinbarte – Ausschlussfristen. Das bedeutet, An­sprüche aus dem Arbeitsvertrag müssen in diesem Falle inner­halb einer bestimmten Frist gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden. Bleibt dies erfolglos, wird (bei einer sog. zwei­stufigen Ausschlussfrist) gefordert, dass der Anspruch gerichtlich geltend gemacht wird – ebenfalls innerhalb einer bestimmten Frist.

 Laufen diese Fristen ab, so sind die Ansprüche verloren, brau­chen also vom Arbeitgeber nicht mehr gewährt werden. Dies kann dazu führen, dass Sie beispielsweise einen „aufgesparten“ Rest­urlaub nicht mehr nehmen können – und dafür auch keine Ab­geltung erhalten. Auch Bonus- und andere Zahlungen können verloren gehen.

 Relevant wird die Problematik des Anspruchsverlusts auch, wenn das Arbeitsverhältnis endet und (nach einer Kündigung) im Ab­wicklungsvertrag oder Aufhebungsvertrag eine Abgeltungsklausel aufgenommen wird.

 Aber: § 3 MiLoG (Mindestlohngesetz) bestimmt, dass der Min­destlohnanspruch davon nicht betroffen ist. In der Praxis kann das für Sie bedeuten, dass „nur“ die (Lohn-) Ansprüche verfallen, die über den Mindestlohn hinausgehen.

 Siehe auch:

  • Verwirkung
  • Verjährung